Anfrage an alle FDP-Abgeordneten des 16. deutschen Bundestages

Datum: 6.8.2008

betreff:
wissenschaftliche Anfrage

es gibt meiner Meinung nach kein funktionierendes (ohne Überproduktionskrisen), konsistentes Modell eines "kapitalistischen" Wirtschaftssystems. (siehe einfaches Modell unten). Die gleiche Meinung vertritt Herr Prof. Ortlieb (Mathematiker: Zentrum für Modellierung und Simulation) von der Uni Hamburg in einer email-Korrespondenz mit mir. Es gibt demnach auch keine funktionierende "ökologische", "soziale" oder sonst wie geartete Marktwirtschaft.

1)
Wie steht die FDP zu der Aussage, es gäbe kein funktionierendes Modell des "Kapitalismus" ?

2)
Können Sie mir ein _konkretes_ Modell (und zwar so _konkret_, dass man es auf einem Computer softwaremäßig implementieren und simulieren kann) mit ein paar konkreten Modellszenarien angeben, in dem das "kapitalistische" Wirtschaftssystem _nicht_ zu einer Überproduktion führt?
3)
Beachten Sie bitte, dass dies eine wissenschaftliche Anfrage ist und die Antwort publiziert wird.

PS:
Schicken Sie mir bitte eine Empfangsbestätigung

mfg
...

II)
Bemerkungen:
1)
Ich bitte, meine Modellierung (siehe unten), die folgenden Texte von Prof. Ortlieb
hb18MethFehlerVWL.pdf
Exit0107CPOMarkt.pdf
auf der unten angegebenen Website und einen Auszug aus (siehe unten) der email-Korrespondenz zu berücksichtigen und in Ihrer Antwort zu verarbeiten.

2)
Anhang1: (Modellierung von mir)
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Ich habe folgendes einfache Modell entwickelt:
I) Das einfache Modell (nicht expandierender Kapitalismus, keine Neueinstellungen)
Voraussetzungen:
Es gibt in diesem extrem einfachen Modell (z.B. auf einer uns unbekannten Insel mit z.B. 50 Menschen) nur einen Unternehmer, bei dem alle Bewohner dieses Wirtschaftsraums (außer dem Unternehmer selbst) als Beschäftigte arbeiten und bei dem alle Beschäftigten deshalb einkaufen müssen. Der Unternehmer zahlt allen Beschäftigten insgesamt pro Monat die Lohnsumme L. Die Lohnsumme sei die einzige Ausgabe die der Unternehmer hat. Der Unternehmer hat keinen Privatkonsum. Der Unternehmer muss alle seine Produkte monatlich insgesamt zu einer Preissumme P verkaufen, die größer als seine monatliche Lohnsummenausgabe L ist. Dies ist notwendig, damit er einen Gewinn macht (L ist eine Ausgabe, P ist die erwartete Einnahme, wenn er alles verkaufen würde). Also muß gelten:
P > L

Der Umsatz kommt von dem Geld der Bewohner her, das diese bei diesem Unternehmen ausgeben, wenn sie einkaufen. Da aber jeder Bewohner Beschäftigter des Unternehmens ist, ist der Umsatz des Unternehmens maximal der Lohnsumme (wenn nämlich alle Bewohner nichts sparen). Es gilt also:
U <= L

Damit gilt insgesamt:
U < P

Das heißt der Unternehmer kann nicht alle Waren verkaufen (Überproduktion).
Das Modell "funktioniert" also nicht!!


mfg
...
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3)
Anhang2 (Zitat von Prof. Ortlieb)
Hallo Herr ...,
hinsichtlich Ihrer Modellüberlegungen kann ich mich nur wiederholen: Da ist kein Denkfehler, sondern es ist wirklich so, dass eine kapitalistische Wirtschaft, die nicht expandieren kann, sofort in einer Überproduktionskrise landet. ...
Sie können an diesem Statement erkennen, dass ich kein Volkswirtschaftler bin, sondern bloß ein Mathematiker, der die mathematische Modellbildung in der (herrschenden) Volkswirtschaftslehre kritisiert. Dort wird allen Ernstes davon ausgegangen, die Wirtschaft befände sich andauernd im Gleichgewicht (zwischen Angebot und Nachfrage), was ich in einem der beiden angehängten Texte als dogmatische Harmonielehre kritisiert habe.

Die beiden angehängten Texte von mir setzen sich kritisch und teilweise polemisch mit der herrschenden VWL auseinander. Sie sind beide im Jahr 2004 in verschiedenen Zeitschriften erschienen, die sich an ganz unterschiedliche Adressatenkreise wenden. Die entsprechenden Literaturzitate finden Sie im unteren Teil meiner Homepage http://www.math.uni-hamburg.de/home/ortlieb/
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