Datum: 2.9.2008

Sehr geehrte Damen und Herren des DIW Berlin,
... versuche ich schon lange (für schulische Zwecke) ein möglichst _einfaches_ Demo-Modell eines Wirtschaftssystems zu finden, das man dann in einem EDV-Programm implementieren kann, um Schülern überhaupt einmal eine _dynamische_ Entwicklung eines Wirtschaftssystems zu demonstrieren.
Im _Jahr der Mathematik_ bitte ich um Ihre Unterstützung.

Ich habe folgendes einfache Modell entwickelt:
1) Modell (ohne Reinvestitionen)
Voraussetzungen:
Es gibt in diesem extrem einfachen Modell (z.B. auf einer uns unbekannten Insel mit z.B. 50 Menschen) nur einen Unternehmer, bei dem alle Bewohner dieses Wirtschaftsraums (außer dem Unternehmer selbst) als Beschäftigte arbeiten und bei dem alle Beschäftigten deshalb einkaufen müssen. Die Menschen produzieren Weizen und werden auch damit bezahlt (die Währung ist also Weizen). Der Unternehmer zahlt allen Beschäftigten insgesamt pro Monat die Lohnsumme L. Die Lohnsumme sei die einzige Ausgabe die der Unternehmer hat. Der Unternehmer hat keinen Privatkonsum. Der Unternehmer muss alle seine Produkte monatlich insgesamt zu einer Preissumme P verkaufen, die größer als seine monatliche Lohnsummenausgabe L ist. Dies ist notwendig, damit er einen Gewinn macht (L ist eine Ausgabe, P ist die erwartete Einnahme, wenn er alles verkaufen würde). Also muß gelten:
P > L

Der Umsatz kommt von dem Geld der Bewohner her, das diese bei diesem Unternehmen ausgeben, wenn sie einkaufen. Da aber jeder Bewohner Beschäftigter des Unternehmens ist, ist der Umsatz des Unternehmens maximal der Lohnsumme (wenn nämlich alle Bewohner nichts sparen). Es gilt also:
U <= L

Damit gilt insgesamt:
U < P

Das heißt der Unternehmer kann nicht alle Waren verkaufen.
Es gibt also eine Überproduktion!!
Das Modell "funktioniert" also nicht!

2) Modell wie oben (aber mit Reinvestitionen)
Voraussetzungen:
Innerhalb abgeschlossener Produnktionszyklen wird in einem Unternehmen aus einem Input ein Output erzeugt.
Der Input besteht aus der Gesamtlohnsumme (z.B. Weizen) der Mitarbeiter.
Der Output sind allein die Konsumgüter (die der Unternehmer wieder verkaufen will), in diesem Beispiel auch wieder Weizen. Zur Herstellung der Konsumgüter werden Investitionsgüter (z.B. Erntemaschinen), benötigt, die auch während des Produktionszyklus erzeugt werden.
Das Verhältnis von Output zu Input wird hier mit Rendite r bezeichnet, also:
r = Output / Input
und soll bei jedem Produktionszyklus konstant sein.
Der Output pro Mitarbeiter wird hier mit Produktivität p bezeichnet, also:
p = Output / Anzahl der Mitarbeiter n
Der Input pro Mitarbeiter wird hier mit Lohn l bezeichnet, also:
l = Input / Anzahl der Mitarbeiter n

Damit das "kapitalistische" Wirtschaftssystem funktioniert, muss der Unternehmer den Output wieder als Input einsetzen (reinvestieren).
Dazu hat er 2 Möglichkeiten (es gibt 2 Fälle):
Fall1) Er benutzt den Output bei jedem Produktionszyklus dazu, neue Mitarbeiter einzustellen.
Es wird vorausgesetzt, dass der Lohn eines Mitarbeiters gleich bleibt. Bei wachsendem Input bedeutet das, dass die Anzahl der Mitarbeiter anwächst.

Beispiel:
Annahmen:
1) Der Lohn l eines Mitarbeiters bleibt gleich.
2) Output = 2 * Input.

1. Produktionszyklus:
Input = 1 Mio
Output = 2 * 1 Mio = 2 Mio

2. Produktionszyklus:
Input = Output des letzten Produktionszyklus = 2 Mio
Output = 2 * 2 Mio = 4 Mio
Da der Input doppelt so groß wird, der Lohn aber gleich bleibt, wird die Anzahl n der Mitarbeiter doppelt so groß.
Da auch der Ouptut doppelt so groß wird, die Anzahl der Mitarbeiter aber auch, bleibt die Produktivität gleich groß.

3. Produktionszyklus:
Input = Output des letzten Produktionszyklus = 4 Mio
Output = 2 * 4 Mio = 8 Mio
Da der Input doppelt so groß wird, der Lohn aber gleich bleibt, wird die Anzahl n der Mitarbeiter doppelt so groß.
Da auch der Ouptut doppelt so groß wird, die Anzahl der Mitarbeiter aber auch, bleibt die Produktivität gleich groß.
...

Ergebnis:
exponentielles Wachstum der Mitarbeiter.
Da es nur endlich viele Menschen auf der Insel gibt, kann irgendwann der Output nicht mehr zur Reinvestition verwendet werden.
Es gibt also irgendwann eine Überproduktion!!
Das Modell "funktioniert" also nicht!

Fall 2) Er benutzt den Output bei jedem Produktionszyklus dazu, um ihn als Lohn an die (immer gleiche hohe Anzahl) Mitarbeiter auszuzahlen
Es wird vorausgesetzt, dass die Anzahl der Mitarbeiter gleich bleibt. Bei wachsendem Input bedeutet das, dass der Lohn anwächst.

Beispiel:
Annahmen:
1) Die Anzahl der Mitarbeiter ist gleich.
2) Output = 2 * Input.

1. Produktionszyklus:
Input = 1 Mio
Output = 2 * 1 Mio = 2 Mio

2. Produktionszyklus:
Input = Output des letzten Produktionszyklus = 2 Mio
Output = 2 * 2 Mio = 4 Mio
Da der Input doppelt so groß wird, die Mitarbeiterzahl aber gleich bleibt, wird der Lohn doppelt so groß.
Da auch der Ouptut doppelt so groß wird, die Anzahl der Mitarbeiter aber gleich bleibt, wird die Produktivität doppelt so groß.

3. Produktionszyklus:
Input = Output des letzten Produktionszyklus = 4 Mio
Output = 2 * 4 Mio = 8 Mio
Da der Input doppelt so groß wird, die Mitarbeiterzahl aber gleich bleibt, wird der Lohn doppelt so groß.
Da auch der Ouptut doppelt so groß wird, die Anzahl der Mitarbeiter aber gleich bleibt, wird die Produktivität doppelt so groß.
...

Ergebnis:
exponentielles Wachstum der Löhne.

Frage:
Wo deckt sich dies mit der "kapitalistischen" Praxis?
In welchem konkreten "kapitalistischen" System steigen bei jedem Produktionszyklus die Löhne?
Der Unternhmer gibt doch nicht sofort den Output wieder komplett als Lohn an die Mitarbeiter weiter, da er _nicht_ weiss, ob diese aus diesem Lohn wieder einen (siehe Beispiel) Output realsieren, der gleich dem doppelten Lohneinsatz ist.
Wenn es aber keine Lohnerhöhung gibt, bzw. der Output nicht an die Mitarbeiter weitergegeben wird, gibt es wieder Überproduktion.
Das Modell "funktioniert" also nicht!

Frage:
Was muss an dem Modell _konkret_ abgeändert werden, damit ich ein Demo-Modell für die Schule bekomme, das keine Überproduktion liefert?

Ich bitte Sie recht herzlich, mir diese Frage zu beantworten, bzw. mich an die entsprechenden Stellen zu verweisen.

mfg
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